Kroaten stimmen in erster Runde über nächsten Präsidenten ab
In Kroatien haben die Menschen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl abgestimmt. Wie die Wahlbehörde des Mittelmeer-Staats am Sonntag mitteilte, hatten um 10.30 Uhr 14 Prozent der Berechtigten teilgenommen, rund zwei Prozentpunkte weniger als beim letzten Urnengang im Jahr 2019 zu diesem Zeitpunkt. Der sozialdemokratische Amtsinhaber Zoran Milanovic hatte in jüngsten Umfragen vor seinem aussichtsreichsten Mitbewerber gelegen, dem Konservativen Dragan Primorac. Es wurde mit einem Einzug der beiden in die für 12. Januar angesetzte Stichwahl gerechnet.
Den Umfragewerten zufolge dürfte keiner der insgesamt acht Kandidaten bereits im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent der Stimmen erreichen. Die Wahllokale sollten um 19.00 Uhr schließen, mit ersten Prognosen wurde unmittelbar danach gerechnet, mit dem amtlichen Wahlergebnis in den folgenden Stunden.
Der 58-jährige Amtsinhaber Milanovic ist seit fast zwei Jahrzehnten eine der führenden und schillerndsten politischen Persönlichkeiten Kroatiens. Von 2011 bis 2016 war er Ministerpräsident, das Amt des Staatschefs übernahm der Politiker der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SDP) im Jahr 2020.
Zwar versprach Milanovic Toleranz und Liberalismus, allerdings nutzte er seine Position auch immer wieder aus, um verbal gegen politische Gegner und EU-Vertreter auszuteilen. Milanovics wichtigster Herausforderer ist der Mediziner und Wissenschaftler Primorac von der konservativen HDZ, der auch Regierungschef Andrej Plenkovic angehört.
Während des Wahlkampfes hatten die beiden aussichtsreichsten Kandidaten sich gegenseitig verspottet und beleidigt. Milanovic nannte seinen Herausforderer Primorac "falsch wie ein 13-Euro-Schein und langweilig wie ein Freundschaftsspiel". Für Primorac ist der 58-jährige Milanovic "ein Präsident, dem nichts heilig ist, weder das Vaterland noch die Arbeit" - und der "um 11.30 Uhr aufsteht".
Milanovic rief bei der Stimmabgabe am Sonntag vor Journalisten die Bevölkerung auf, an der Wahl teilzunehmen. Dabei verwendete er einen weiteren Sportvergleich, diesmal aus dem alpinen Ski: Es würden "unvermeidlich zwei Läufe" stattfinden, im ersten würden "die Skier gut geschliffen", im zweiten komme es darauf an, "souverän den Berg hinunter zu fahren".
Sein Herausforderer Primorac, der bereits eine Stunde nach Öffnung der Wahllokale seinen Stimmzettel abgab, betonte, er werde nach Erfüllung seiner "Bürgerpflicht" die Sonntagsmesse besuchen. Kroatien brauche Einheit, eine "Verortung in der Welt" und das Leben im Land müsse "friedlich" sein.
Das EU-Land Kroatien mit seinen 3,8 Millionen Einwohnern kämpft derzeit mit einer hohen Inflation, mit weit verbreiteter Korruption und einem Arbeitskräftemangel.
Für Experten war der Wahlkampf vor allem eine Fortsetzung der Fehde zwischen Staatschef Milanovic und HDZ-Regierungschef Plenkovic. Dieser hatte dem Präsidenten nach dessen Kritik an der Haltung der EU zum Ukraine-Krieg vorgeworfen, "pro-russische Ansichten" zu vertreten und die Glaubwürdigkeit Kroatiens in der Nato und der EU zu beschädigen.
Milanovic hatte gekontert, sich für den Schutz der kroatischen Interessen einzusetzen und sein Land davor zu bewahren, "in einen Krieg hineingezogen zu werden". Er wirft Plenkovic und seiner HDZ-Partei regelmäßig systemische Korruption vor und bezeichnet den Ministerpräsidenten als "ernste Bedrohung für die kroatische Demokratie".
In Kroatien hat der Präsident hat zwar vor allem repräsentative Aufgaben, viele Menschen im Land betrachten den Staatschef dennoch als Garant für Stabilität und ein reibungsloses Funktionieren der Institutionen. Er ist zudem der Oberbefehlshaber der Armee und vertritt das 3,8 Millionen Einwohner zählende Land auf internationaler Ebene.
Jensen--RTC