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Hamas setzt Geisel-Freilassungen fort: Sechs israelische Männer freigekommen
Die radikalislamische Hamas hat im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens mit Israel die Freilassung von israelischen Geiseln fortgesetzt. Sechs Geiseln kamen am Samstag frei. Im Gegenzug sollten wieder hunderte Palästinenser aus israelischen Gefängnissen freikommen. Kurz vor den neuen Geisel-Freilassungen hatte die Familie der deutsch-israelischen Geisel Shiri Bibas deren Tod und die Übergabe ihrer sterblichen Überreste bestätigt.
Die Hamas übergab am Samstagvormittag in der Stadt Rafah im Gazastreifen zunächst Avera Mengistu und den österreichisch-israelischen Doppelstaatler Tal Schoham an das Rote Kreuz. Wenig später folgte dann in Nuseirat die Übergabe von Elija Cohen, Omer Schem Tov und Omer Wenkert. Danach wurde eine sechste Geisel dem Roten Kreuz übergeben, wie die israelische Armee und der Geheimdienst Schin Bet mitteilten.
In der Mitteilung wurden aber keine Angaben zur Identität der sechsten Geisel gemacht. Mutmaßlich handelt es sich um den israelischen Beduinen Hischam al-Sajed, der sich fast zehn Jahre lang in Geiselhaft im Gazastreifen befunden hatte.
Die fünf zuvor freigelassenen Geiseln waren vom Roten Kreuz in Konvois fortgebracht und dann im Gazastreifen der israelischen Armee übergeben worden. Sie trafen dann mit der Armee in Israel ein. Dieser Ablauf war auch für die sechste Geisel vorgesehen.
Im Gegenzug sollten nach Angaben der palästinensischen Häftlingsvereinigung am Samstag 602 Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen. In den vergangenen Wochen waren im Rahmen des Feuerpause-Abkommens bereits mehr als 1100 palästinensische Häftlinge entlassen worden.
Ein weiteres Mal suchte die Hamas die Freilassung der Geiseln für eine Demonstration der Stärke auszunutzen. In Rafah gab es einen Großaufmarsch von Hamas-Kämpfern, von denen viele mit Schnellfeuergewehren und Raketenwerfern bewaffnet waren. Dort wie auch in Nuseirat wurden die Geiseln vor ihrer Freilassung auf Bühnen vorgeführt.
Mengistu und Schoham waren auf dem Podium in Rafah von schwarzgekleideten, maskierten und bewaffneten Milizionären umrahmt. Der 40-Jährige Deutsch-Österreicher Schoham wurde dabei auch gezwungen, ein paar Worte in ein Mikrofon zu sagen. Ähnliche Inszenierungen der Hamas bei früheren Geiselübergaben waren international auf scharfe Kritik gestoßen.
Auf einem Platz in Tel Aviv verfolgten hunderte applaudierende und teils weinende Menschen die Geisel-Freilassung auf einem Bildschirm. In einem von der israelischen Regierung veröffentlichten Video war zu sehen, wie sich Schohams Angehörige umarmten und weinten, als sie seine Freilassung verfolgten.
"Wir haben gesehen, dass es Tal in Anbetracht der Umstände gut geht. Eine enorme Last ist von uns gefallen", hieß es in einer Erklärung der Familie des Deutsch-Österreichers. Schoham war wie drei andere der am Samstag freigekommenen Geiseln während des Hamas-Großangriffs auf Israel vor fast 16 Monaten verschleppt worden. Hingegen hatte sich Mengistu ebenso wie Al-Sajed rund zehn Jahre in Geiselhaft befunden.
Seit Inkrafttreten der neuen Waffenruhe im Gazakrieg am 19. Januar hat die Hamas damit nun insgesamt 24 lebende Geiseln freigelassen. Hinzu kam in den vergangenen Tagen die Übergabe von vier toten Geiseln. Unter den am Donnerstag übergebenen Toten waren die Brüder Kfir und Ariel Bibas, wie gerichtsmedizinische Untersuchungen bestätigten. Dies löste großes Entsetzen in Israel aus. Die Jungen waren zum Zeitpunkt ihres Todes zehn Monate und vier Jahre alt.
Für Empörung sorgte auch, dass die Leiche ihrer deutsch-israelischen Mutter Shiri Bibas zunächst nicht von der Hamas übergeben wurde. Neben dem Leichnam des 83-jährigen Oded Lifshitz wurden am Donnerstag die Überreste einer Frau übergeben, bei der es sich nicht um Shiri Bibas, sondern laut dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu um eine Frau aus dem Gazastreifen handelte.
Netanjahu warf daraufhin der Hamas einen gravierenden Bruch des Waffenruhe-Abkommen vor und drohte mit Vergeltung. Die Palästinenserorganisation sprach jedoch von einer Verwechslung. Sie übergab dann nach Angaben des Roten Kreuzes am Freitag einen weiteren Leichnam - dabei handelte es sich um die Deutsch-Israelin, wie deren Familie sowie der Kibbuz Nir Oz am Samstag mitteilten.
"Unsere Shiri ist in Gefangenschaft ermordet worden und ist nun nach Hause zurückgekehrt", erklärte die Familie. "Wir sind am Boden zerstört und trauern."
Nach den Freilassungen vom Samstag befinden sich nun noch 62 Geiseln im Gazastreifen. Von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee jedoch 35 tot. Laut der Hamas sollen während der ersten Phase des Waffenruhe-Abkommens, die Anfang März endet, nun nur noch vier tote Geiseln ausgehändigt werden.
Die zweite Phase der Waffenruhe soll dann zu einer endgültigen Beendigung der Kämpfe führen. Die Verhandlungen über diese zweite Phase haben aber bislang noch zu keiner Einigung geführt.
Der Gazakrieg war durch den Großangriff der islamistischen Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1205 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. Die israelische Armee ging danach massiv im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 48,300 Menschen getötet.
J.Morris--RTC