Neue Spannungen in Bosnien: Festnahme von Serbenführer Dodik angeordnet
Der Konflikt mit Serbenführer Milorad Dodik in Bosnien und Herzegowina schaukelt sich weiter hoch: Die bosnische Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch die Festnahme von Dodik durch bosnische Polizisten angeordnet. Wie die Sprecherin der Bundespolizei, Jelena Miovcic, erklärte, will die Staatsanwaltschaft Dodik verhören. Gleiches gelte für den Parlamentspräsidenten der Republika Srpska, Nenad Stevandic, und Regierungschef Radovan Viskovic.
Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Dodik wegen "Angriffs auf die verfassungsmäßige Ordnung" des Staates Bosnien und Herzegowina. Eine Aufforderung, im Rahmen der Ermittlungen auszusagen, lehnte Dodik ab. Er riet der bosnischen Zentralpolizei am Mittwoch in einer Stellungnahme von Banja Luka aus, nicht gegen ihn vorzugehen.
Dodik hatte kürzlich einseitig die Zuständigkeit von Justiz und Polizei des bosnischen Zentralstaates für die überwiegend von Serben bewohnte Republika Srpska für beendet erklärt, obwohl die Republika Srpska Teil von Bosnien und Herzegowina ist. Der bosnische Serbenführer hatte bosnische Serben in den Behörden des Zentralstaats zudem aufgerufen, ihre Posten zu verlassen und stattdessen den Institutionen der Republika Srpska beizutreten.
Später betonte Dodik, es gebe keine Pläne für eine gewaltsame Eskalation, allerdings habe der von ihm geführte Landesteil "die Fähigkeit sich zu verteidigen, und das werden wir auch tun".
Der pro-russische Serbenführer hatte zuvor ein Gesetz unterzeichnet, mit dem Polizei und Justiz des Zentralstaats aus der Republika Srpska verbannt werden. Damit soll der Einfluss der Zentralregierung in dem Gebiet eingeschränkt werden. Der Vorstoß war eine Reaktion auf ein Gerichtsurteil gegen Dodik, der wegen Missachtung des Hohen Repräsentanten der UNO für Bosnien und Herzegowina zu einem Jahr Haft verurteilt worden war.
Mit Blick auf die Aufforderung zur Festnahme Dodiks durch die bosnische Staatsanwaltschaft kündigte der bosnisch-serbische Innenminister Sinisa Kara an, es werde "niemand festgenommen". Dem Fernsehsender ATVB sagte er, sein Ministerium werde dafür sorgen, dass "die Repräsentanten aller Institutionen und alle Bürger" geschützt würden. Ein Berater von Dodik, Radovan Kovacevic, warnte, die Republika Srpska werde "mit Härte" auf "jede Form der Radikalisierung aus Richtung Sarajevo" antworten.
Dodik könnte sich Mittwoch auch bei einer Parlamentsdebatte zu Wort melden, bei der über eine neue Verfassung für die Republika Srpska beraten werden soll. In dem Textentwurf heißt es, die Republika Srpska sei "der Staat des serbischen Volkes und aller Bürger, die dort wohnen". Vorgesehen ist auch eine Festschreibung der "Souveränität" des serbischen Teils im von ihm kontrollierten Gebiet. Der serbische Landesteil habe zudem das "Recht", Abkommen mit dem Zentralstaat aufzukündigen.
Die neue Verfassung, über die nach einer möglichen Annahme im Parlament eine öffentliche Debatte folgen soll, sieht auch ein "Recht auf Selbstbestimmung" vor sowie das Recht, "Föderationen oder Konföderationen mit Nachbarn oder anderen Staaten oder Staatengruppen" einzugehen - ein kaum verschleierter Hinweis auf eine Annäherung an Serbien.
Das Büro des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina sprach mit Blick auf die geplante neue Verfassung von einer "offenen Verletzung" des Dayton-Friedensabkommens für den Staat. Allen Abgeordneten in der Republika Srpska müsse "bewusst sein, dass dieser Prozess eine große Gefahr darstellt". Hoher Repräsentant ist derzeit der Deutsche Christian Schmidt (CSU).
Dodiks Vorgehen droht die ohnehin zerbrechliche Stabilität in Bosnien und Herzegowina und auf dem Westbalkan weiter zu untergraben. Seine Gegner werfen dem bosnischen Serbenführer ein separatistische Politik und Korruption vor. Dodik wiederum sieht in dem Vorgehen der Justiz einen Versuch, ihn aus der "politischen Arena zu entfernen".
Die EU-Stabilisierungsmission Eufor kündigte vor wenigen Tagen angesichts der Spannungen eine Verstärkung ihrer aus derzeit rund 1500 Soldaten bestehenden Kräfte in Bosnien und Herzegowina an.
Das Land ist seit dem Friedensabkommen von Dayton aufgeteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung verbunden.
R.Collins--RTC