Vor Waffenruhe-Verhandlungen mit Moskau und Kiew heftiger gegenseitiger Beschuss
Im Ringen um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg zeichnen sich schwierige Verhandlungen der US-Unterhändler mit den Delegationen aus der Ukraine und Russland ab. Vor den Gesprächen in Saudi-Arabien wurden am Wochenende bei massiven russischen Drohnenangriffen in Saporischschja und Kiew sechs Menschen getötet und 22 weitere verletzt. Russland sprach seinerseits von dutzenden ukrainischen Drohnenangriffen. Aus dem Kreml hieß es, es sei mit "schwierigen Verhandlungen" über die Waffenruhe zu rechnen.
US-Unterhändler haben für Saudi-Arabien getrennte Gespräche mit Delegationen aus Kiew und Moskau über eine Waffenruhe in der Ukraine angekündigt. Nach ukrainischen Angaben sollten ihre Unterhändler unter Führung von Verteidigungsminister Rustem Umerow bereits am Sonntag mit der US-Delegation zusammentreffen. Für Montag war in der Golfmonarchie dann ein Treffen der US-Unterhändler mit russischen Regierungsvertretern vorgesehen.
Trotz der diplomatischen Initiative setzte Russland seine Angriffe auf die Ukraine fort. Laut der Militärverwaltung von Kiew wurden in der Nacht zum Sonntag bei russischen Drohnenangriffen drei Menschen getötet, darunter ein fünfjähriges Mädchen und dessen Vater. Zu den zehn Verletzten zählte demnach ein elf Monate altes Kind.
Von den Angriffen waren mehrere Viertel der ukrainischen Hauptstadt betroffen, insbesondere Wohngebäude wurden getroffen. Der Drohnenbeschuss verursachte zudem schwere Brände, wie der Rettungsdienst mitteilte.
Zwei weitere Verletzte meldeten die Behörden aus der nahe Kiew gelegenen Stadt Butscha. In der Nacht zuvor waren bei russischen Drohnenangriffen in der südukrainischen Stadt Saporischschja eine dreiköpfige Familie getötet und zwölf weitere Menschen verletzt worden.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte derweil, dass die russische Armee in der Nacht zum Sonntag 59 ukrainische Drohnen "zerstört und abgefangen" habe, die meisten davon in den Regionen Rostow und Astrachan im Südwesten des Landes.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte angesichts der erneuten Angriffe in Online-Netzwerken an die Verbündeten seines Landes: "Neue Entscheidungen und neuer Druck auf Moskau sind notwendig, um diese Angriffe und diesen Krieg zu beenden." Zugleich forderte er "mehr Luftabwehrsysteme und eine wirkliche Unterstützung" des Westens.
Zuvor hatte der Chef des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermark, mit Blick auf den russischen Staatschef Wladimir Putin auf Telegram erklärt: "Russland stellt das Feuer nicht ein, Putin will noch mehr Zivilisten töten, dem muss ein Ende gemacht werden."
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha erklärte zu den Angriffen auf Zivilisten in Wohngebieten: "Der systematische und willkürliche Terror Russlands gegen Zivilisten widerspricht dessen eigenen Äußerungen zu Frieden und untergräbt die Friedensbemühungen der USA und anderer Partner."
Putins Sprecher Dmitri Peskow dämpfte mit Blick auf die Waffenruhe-Verhandlungen die Erwartungen. "Wir sind erst am Anfang dieses Weges", sagte er im russischen Staatsfernsehen. Es gebe viele ungeklärte "Fragen" und "Nuancen", wie eine Waffenruhe umgesetzt werden könnte.
"Es liegen schwierige Verhandlungen vor uns", fügte der Kreml-Sprecher hinzu. Am Montag solle es in Saudi-Arabien vornehmlich um die Wiederbelebung einer Vereinbarung aus dem Jahr 2022 für einen sicheren Transport ukrainischer Agrarexporte über das Schwarze Meer gehen. Moskau hatte die von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelte Vereinbarung 2023 aufgekündigt und dies damit begründet, dass der Westen seine Zusage zur Lockerung von Sanktionen gegen russische Agrarexporte nicht eingehalten habe.
Der russische Delegationschef Grigori Karasin sagte am Samstag dem Fernsehsender Swesda, er hoffe, "wenigstens ein bisschen Fortschritte zu machen". Gemeinsam mit seinem Mitstreiter, einem Spitzenvertreter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, werde er die Verhandlungen "kämpferisch und konstruktiv" führen.
Den von von der Ukraine unterstützten US-Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe hatte Putin kürzlich abgelehnt. Ein hochrangiger ukrainischer Beamter hatte am Freitag mit Blick auf die Gespräche in Saudi-Arabien das Ziel formuliert, "mindestens" eine teilweise Waffenruhe zu erreichen.
Die USA fahren seit der Rückkehr von Präsident Donald Trump ins Weiße Haus einen deutlich Russland-freundlicheren Kurs. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff äußerte sich in einem am Freitag (Ortszeit) ausgestrahlten Interview mit dem rechtsgerichteten Moderator Tucker Carlson sichtlich beeindruckt von Putin. Der russische Präsident sei kein "Bösewicht", sondern vielmehr ein "großartiger" Anführer, der den Krieg in der Ukraine beenden wolle, sagte Trumps Berater. "Ich mochte ihn. Ich fand, er war ehrlich zu mir."
J.Gustafsson--RTC