

Merz und Söder stellen ihre Ministerriege vor - CDU befindet über Koalitionsvertrag
Gut eine Woche vor der geplanten Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum Bundeskanzler hat die Union ihre Kabinettsmitglieder für die schwarz-rote Regierung bekannt gegeben. Als Außenminister soll demnach der CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul künftig am Kabinettstisch sitzen, die versprochene "Migrationswende" soll der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt umsetzen. Am Nachmittag entscheidet ein kleiner Parteitag der CDU über die Annahme des Koalitionsvertrags.
Zwei Monate nach der Bundestagswahl schafften CDU und CSU Fakten mit der Ernennung ihrer zehnköpfigen Ministerriege aus sechs Männern und vier Frauen. Die SPD will über ihre sieben Regierungsmitglieder erst nach der noch bis Dienstag laufenden Mitgliederabstimmung über den Koalitionsvertrag befinden. Sie würden am 5. Mai bekannt gegeben, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Tags darauf soll Merz im Bundestag zum neuen Kanzler gewählt werden.
Die frühere Umwelt- und Verkehrsstaatssekretärin Katherina Reiche wurde von der CDU als künftige Wirtschaftsministerin benannt - ein Posten, der ursprünglich für CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vorgesehen war, der aber auf seinem Parteiposten bleiben will.
Linken-Chefin Ines Schwerdtner nannte es einen "Skandal", dass Reiche nach zehn Jahren in der Energiewirtschaft nun als Wirtschaftsministerin auch für diesen Bereich zuständig sein soll. Insgesamt sah sie das Unions-Personaltableau als "Sammelbecken von Wald- und Wiesenpolitikern und von abgehalfterten Managern und Lobbyistinnen".
Den Bereich Verkehr soll der Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder leiten, das Ressort Bildung geht an die bisherige Landesbildungsministerin Karin Prien aus Schleswig-Holstein. Überraschend wurde die Bundestagsabgeordnete Nina Warken als Gesundheitsministerin aufgestellt, die sich bisher vor allem mit Rechts- und Sicherheitsthemen befasste.
Das Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung soll der Manager Karsten Wildberger übernehmen - er ist bisher Chef der Holding der Elektronikmärkte MediaMarkt und Saturn. Der Digitalverband Bitkom forderte Merz zu einer schnellen Klärung der Zuständigkeiten des neu geschaffenen Ressorts auf.
Kanzleramtsminister wird wie erwartet der Merz-Vertraute und erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU). Der Jurist aus Baden-Württemberg gilt schon lange als rechte Hand von Merz und soll nun für eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit der neuen Regierung sorgen.
Die Vorstellung der Namen für das künftige Bundeskabinett sei im CDU-Präsidium auf "sehr große Zustimmung" gestoßen, teilte die CDU mit. Kritik kam allerdings aus dem Arbeitnehmerflügel der Partei, die sich nicht vertreten sieht. Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke, bezeichnete das Vorgehen von Merz in der "Süddeutschen Zeitung" als "befremdlich".
Merz kündigte im Bundesvorstand zudem eine weitere wichtige Personalie an: Den Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag soll der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übernehmen. Merz, der bisher noch selbst Fraktionschef ist, sagte laut Teilnehmern, er werde Spahn zusammen mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen.
Söder benannte in München nach einer Vorstandsitzung die CSU-Kabinettsmitglieder. Zur geplanten Ernennung Dobrindts als Innenminister sagte der CSU-Chef, dieser habe als "stärkster Mann" seiner Partei in Berlin nun die Möglichkeit, den Richtungswechsel durchzusetzen. Neuer CSU-Landesgruppenchef im Bundestag soll der aus Würzburg stammende Alexander Hoffmann werden.
Daneben stellte Söder Dorothee Bär als Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt vor und den Metzgermeister Alois Rainer als neuen Bundeslandwirtschaftsminister. Statt dem "grünen, veganen" Amtsinhaber Cem Özdemir komme "jetzt der schwarze Metzger", sagte Söder zu der Agrar-Personalie. Es gebe jetzt wieder "Leberkäs' statt Tofu".
Am Nachmittag begann in Berlin ein kleiner Parteitag der CDU, um über den Koalitionsvertrag abzustimmen. An dem Treffen des sogenannten Bundesausschusses in Berlin nahmen 155 Delegierte teil.
Merz warb vor den Delegierten für den Koalitionsvertrag, dessen Annahme der Bundesvorstand der Partei am Vormittag einstimmig empfohlen hatte. Die Koalitionsvereinbarung sei Grundlage für eine "stabile und handlungsfähige Regierung", sagte er. Die künftige Regierung habe angesichts der Weltlage "keine Zeit zu verlieren".
CDU-Generalsekretär Linnemann wies Kritik am Koalitionsvertrag zurück. "Natürlich ist das nicht CDU pur", räumte er vor den Delegierten ein. Dennoch sei der Vertrag die Grundlage für den von der CDU versprochenen "Politikwechsel". Er sei der "festen Überzeugung", dass die Koalition liefern werde. Die CSU hat der Koalitionsvereinbarung schon zugestimmt.
A.Jonsson--RTC